Für alle, die es nicht so mit dem Rätoromanisch haben, hier Frau Frogg's Musik-Entdeckung der Woche:
Ich bin richtig hypnotisiert von diesem Video. Eins von denen, die ich mir schon x-mal angeschaut habe. Die Lady und ihre Freunde können tanzen. Und sie haben Stil. Ich muss nicht mal selber erklären, warum mich das hier so fasziniert. Dieser Artikel bringt auf den Punkt.
Das Unterengadin ist die exotischste Region der Schweiz, nicht zuletzt wegen seiner Sprache: Die Einheimischen sprechen Vallader, die lokale Variante des Rätoromanischen. Was heisst hier sprechen?! Sie pflegen es liebevoll und manchmal eine Spur halsstarrig: Die Postautofahrer etwa begrüssen einen stets mit "allegra", der lokalen Grussformel. Viele von ihnen sagen ausserdem "grazia" (danke) und manchmal sogar "a revair" (auf Wiedersehen) - sprechen sonst aber tiptop Schweizerdeutsch und wahrscheinlich noch ein paar andere Sprachen.
Rätoromanisch ist, etwas salopp formuliert, eine Sprache mit einem romanischen Vokabular und einer teilweise germanischen Phonetik (mit "ä", "ö" und "ü", aber ohne die Kehllaute, die etwa für das Schweizerdeutsche charakteristisch sind).
Hat die Touristin im Engadin das einmal begriffen, so weiss sie auf Grund der vielen romanischen Beschriftungen im Tal schnell, was sie hier zu tun hat:
Sie mietet eine abitaziun da vacanzas. In der butia kauft sie dann Essen ein - oder sie geht abends ins restorant. Als Kalorienbombe danach verzehrt sie in der pastizeria eine Engadiner Nusstorte. Wer im Winter vom Skifahren genug hat, stattet der halla da glatsch einen Besuch ab. Im Sommer kann neben der Eishalle auch balla da pè spielen. Und wer's lieber geruhsam hat, geht ins Bogn Engadin, wo man sich in warmem Wasser suhlen kann. Oder zum cuafför.
Aber ganz so simpel ist es denn doch nicht - deshalb hier mein Wettbewerb. Wer die richtigen Antworten weiss, hat die Chance ein kleines Schweizer Souvenir zu gewinnen. Schickt per E-Mail die drei richtigen Antworten an pfrogg@gmx.ch. Herr T. wird sich als Glücksfee betätigen und die Sieger verlosen.
1) Wie heisst das "Hotel Üja" auf Deutsch?
2) Was sind "bes-chas orfans"?
3) Was ist ein "supleant grond cussagl"?
Der Wettbewerb dauert bis Samstag, 3. Juli. Zu gewinnen gibt es:
- ein Stück echten Engadiner Schiefer
- eine kleine Toblerone
- unser bestes Bild aus dem Engadin
Oder versteht Ihr schon bei "abitaziun da vacanzas" nur Bahnhof... äh... staziun? Dann meldet Euch, und ich liefere schon mal für den ersten Teil eine Übersetzungshilfe!
Hier werde ich in lockerer Reihenfolge 10 Dinge aufzählen, die man im Unterengadin unbedingt gesehen haben sollte.
Nummer 1: Bergwiesen im Juni
Der Wintertourist verpasst das Schönste am Engadin. Er sollte im Frühsommer hingehen. Die Blütenvielfalt auf den Magerwiesen ist dann überwältigend. Wer nicht mit dem Pflanzen-Bestimmungsbuch durch die Gegend spazieren will, beherzige die Worte unseres Vermieters. Er war ein pensionierter Pfarrer und verströmte viel väterliche Weisheit. "Man muss nicht wissen, wie die Blumen heissen", sagte er. "Man muss sie einfach sehen."
Man muss sie allerdings gesehen haben, bevor sie weggemäht werden. Da hatten wir Glück: Dank einer unendlich langen Schlechtwetterperiode begann der grosse Heustress im Engadin erst an unserem zweitletzten Tag, da aber richtig: Ein Defilee von Heuladern zog an uns vorbei, als wir am Mittag auf dem Dorfplatz von Ftan aufs Postauto warteten. Und überall sah man auf den Wiesen die Engadiner Cousins und Cousinen von Ramseyers malochen.
Die Engadinger sind stolz auf ihre Wiesen und haben sogar einen Wettbewerb, der die beste Bergwiese auszeichnet.
Eben habe ich eine hervorragend gemachte Seite zum Thema Invalidenversicherung gefunden. Einen Klick auf diesen Link kann ich politisch und sozial interessierten Schweizerinnen und Schweizern nur empfehlen.
Zwei Seelen habe ich, ach, in meiner Brust! Als Schweizerin müsste ich schreiben: Kommt unbedingt in die Schweiz in die Ferien! Wir haben die schönsten Landschaften überhaupt und eine phantastisch vielfältige Kultur. Ich würde nicht mal lügen. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich dennoch inständig von Ferien in der Schweiz abraten: Das Wetter kann einem hier den letzten Nerv rauben, glaubt mir! Nach zwei Ferien in diesem Land schreibe ich aus bitterer Erfahrung.
Montag, 14. Juni: Vor unserer Abreise ins Engadin esse vor dem Bahnhof der Heimatstadt ein Salätchen. Dafür ist es gerade warm genug.
Ich betrachte die blauen Flecken am Himmel aber als gutes Omen. Doch ein paar Stunden später fahren wir aus dem Vereinatunnel in ein graues, verhangenes Engadin. Nur zuunterst im Tal phosphoresziert aus einer Senke ein grünlicher Regenbogen. "Dort unten fahren wir hin! Dort ist Schuls und Tarasp!" ruft Herr T. begeistert. Ich rede wieder etwas von guten Omen, doch Herr T. warnt: "Wenn es im Engadin irgendwo schifft, dann sicher in Schuls und Tarasp!" Beim Aussteigen stelle ich fest, dass Scuol auf 1200 Metern über Meer liegt. Ich fröstle. "Eigentlich wollte ich keine Ferien am Polarkreis machen", sage ich.
Dienstag, 15. Juni: Es ist grau und verhangen, aber es schifft nicht. Die Wanderung nach Sent überstehen wir trocken. Dort angekommen, picknicken wir auf einer Bank vor der Kirche. Sie hat kein Vordach. Es nieselt uns sanft auf die belegten Brötchen.
Mittwoch, 16. Juni: Es ist trüb und grau. Zuweilen tröpfelt es. Dennoch erreichen wir auf unserer zweiten Wanderung trockenen Fusses Ardez. Wir betreten dort gerade ein Restaurant, als es so richtig zu schütten beginnt. Glück gehabt.
Donnerstag, 17. Juni: Es ist regnerisch. Wir sind froh, dass es in Scuol ein Thermalbad gibt. Überhaupt wissen wir, dass es anderswo noch viel schlimmer ist: In Frankreich sterben zwei Dutzend Menschen bei einer Überschwemmung.
Freitag, 18. Juni: Schlechtwetter-Programm: Eine Dreiländer-Reise mit dem Bus. Das Kloster Müstair besichtigen wir während eines vergleichsweise hellen Moments.
Glurns und der Reschenpass liegen unter einer düsteren Wolkendecke.
Samstag, 19. Juni: Um 7.15 Uhr erwachen wir unter blauem Himmel. Eilig hüpfen wir aus dem Bett, denn die Wetterprognosen sagen den Beginn eines dramatischen Kälteeinbruchs gegen Mittag voraus. Der Himmel schlirggt tatsächlich schnell zu. Am Mittag in Guarda brauche ich dann doch noch erstmals meine Sonnenbrille: Ein giftiger Wind weht Pollen durch die Gegend, auf die ich mit allergischem Augenbrennen reagiere.
Sonntag, 20. Juni: Die Schneegrenze ist dramatisch gesunken, wie am Morgen ein Blick aus unserem Fenster zeigt. Wieder Thermalbad.
Montag, 21. Juni: Ein grauer Tag. Wir sind am Ende unseres Lateins. Wir hocken in unserer Ferienwohnung, lesen und schauen aus dem Fenster. Herr T. gibt Sätze von sich wie: "Da geht eine schwarze Katze zur Kirche hinauf. Was das wohl zu bedeuten hat?"
Dienstag, 22. Juni: Mutter Frogg meldet per SMS aus dem Unterland "erste blaue Störungen". Bei uns ist es grau und kalt. Wir fahren mit dem Postauto nach Tschlin, einem hübschen Ort knapp unter die Schneegrenze. Unterwegs sehen wir das Plakat zum Kulturjuni 2010 im Engadin.
Mittwoch, 22. Juni: Aber dann... aber dann... Ein strahlend blauer Morgen! Ich blicke aus dem Fenster in die Berge und denke: "Gibt es einen schöneren Anblick als den der Alpen an einem Sommermorgen?"
Freitag, 24. Juni: Auf der dritten grösseren Wanderung durch phantastische Berglandschaften lerne ich einen weiteren Nachteil langer Schlechtwetterperioden kennen: Ist es einmal schön, muss man die grossen Touren sofort absolvieren. Ich bin schon erschöpft und sage unwirsch zu Herrn T.: "Jetzt habe ich aber genug Engadinger Nadelwälder gesehen, ganz egal ob Arven, Tannen oder Lärchen!"
Sonntag, 26. Juni: Wieder ein strahlender Morgen. Doch wir müssen nach Hause. Als wir auf den Bus warten, sehen wir die neu angekommenen Touristen durchs Dorf streifen und Engadiner Häuser vor blauem Hintergrund fotografieren. Ich werde gelb vor Neid. Noch nie war ich auf einer Heimreise von den Ferien so abgrundtief unglücklich. Wir sind kaum zu Hause, fängt Herr T. an zu arbeiten. Ich finde, mit so einem strahlenden Sommertag müsste man etwas Tolles anfangen. Baden im erst 19 Grad warmen See zum Beispiel. Eine Wanderung. Irgendetwas Tolles. Ich bin richtig gestresst. Ich gehe in die Stadt, setze mich mit einem Eis an den Ausgangspunkt unserer Reise vor dem Bahnhof und zerbreche mir den Kopf. Das Pflaster unter meinem Sommerkleid ist heiss. Da merke ich: Im Kopf habe ich schon zu bloggen begonnen. Sonne hin oder her. Ich weiss, was ich tun muss.
Draussen riecht es nach Grillwürsten. Hier bin ich wieder.