Mein Kleiner
Es ist weit herum bekannt, dass kinderlose Menschen sich ein Ersatzobjekt zum Hätscheln, Hegen und Pflegen suchen. Verbreitet ist etwa das Klischee vom gut situierte Ehepaar mit dem flauschigen Golden Retriever. Auch meine Freundin Helga hat Ersatzkinder: Ihr laufen immer wieder herrenlose, halb verhungerte Katzen zu, die sie jeweils hingebungsvoll aufpäppelt. Wir Single-Mittdreissigerinnen von Brav und Bieder hatten in den neunziger Jahren sogar unseren eigenen Witz über dieses Thema: In den Kiosken unserer Pendelbahnhöfe sahen wir das Buch Nicht ohne meine Tochter herumstehen und fanden, bei uns würde ein solches Buch "Nicht ohne meine Zimmerpflanze" heissen. Denn wir hatten weder Zeit für Hunde noch für Katzen. Und schon gar nicht für Töchter. Aber wir hatten wenigstens Zimmerpflanzen.
Später hat die Frogg dann die Pflege ihrer Zimmerpflanzen Herrn T. überlassen. Und das Kinderkriegen liess sie auch bleiben. Aber jetzt hat sie einen neuen Schützling. Den hier:
Herr T. entdeckte ihn neulich in einem Topf voller wild gewordener Pfefferminze auf unserem Balkon. Ihm fielen die grossen Keimblätter des Pflänzchens auf (sie sind im Bild noch als dürre Anhängsel zu sehen). "Was ist denn das?" fragte er.
"Das könnte ein Baum werden", sagte die Frogg. Doch was für einer? Das wusste sie nicht.
Ihre Neugier aber wuchs mit der kleinen Pflanze und sie konnte nicht aufhören, laut über sie nachzudenken. Bis Herr T. sagte: "Wenn Du wirklich wissen willst, was das wird, musst Du es ausgraben. Sonst wird unsere Pfefferminze es verdrängen." Denn Herr T. hatte gelernt: Die Pfefferminze in unserem Balkontopf ist ein fremdenfeindliches Gewächs. Es hat schon Basilikum und Schnittlauch und allerhand Unkräuter aus dem Topf geekelt, und sogar Moos. Nur Löwenzahn ist ihm gewachsen.
Also topfte ich den Kleinen um und gebe ihm seither tüchtig Wasser und etwas Dünger. Und ich streichle ihn mindestens zehnmal am Tag mit liebevollen und neugierigen Blicken. Ich kann kaum erwarten zu wissen, was einmal aus ihm wird. Die Hoffnung, dass er zu einer stattlichen Eiche herananwächst, habe ich aufgegeben, als ich die zwei neuen Blätter sah. Wenigstens wird er auch keine Brennnessel, dazu ist der Stamm schon zu verholzt.
Aber was dann? Eine Zimmerlinde? Eine Haselnussstaude? Doch noch ein Brombeerstrauch?
Ich fürchte bereits, dass er mich enttäuschen wird: Dass aus ihm eines dieser unscheinbaren, strauchartigen Gewächse wird, die wie holziges Unkraut unter Hecken wachsen. Die nicht blühen und keine Früchte tragen und jeweils im Frühling von einem scheusslich heulenden Heckenmäher weggefräst werden.
Falls er das wirklich wird... Was soll ich dann mit ihm machen?
Später hat die Frogg dann die Pflege ihrer Zimmerpflanzen Herrn T. überlassen. Und das Kinderkriegen liess sie auch bleiben. Aber jetzt hat sie einen neuen Schützling. Den hier:
Herr T. entdeckte ihn neulich in einem Topf voller wild gewordener Pfefferminze auf unserem Balkon. Ihm fielen die grossen Keimblätter des Pflänzchens auf (sie sind im Bild noch als dürre Anhängsel zu sehen). "Was ist denn das?" fragte er.
"Das könnte ein Baum werden", sagte die Frogg. Doch was für einer? Das wusste sie nicht.
Ihre Neugier aber wuchs mit der kleinen Pflanze und sie konnte nicht aufhören, laut über sie nachzudenken. Bis Herr T. sagte: "Wenn Du wirklich wissen willst, was das wird, musst Du es ausgraben. Sonst wird unsere Pfefferminze es verdrängen." Denn Herr T. hatte gelernt: Die Pfefferminze in unserem Balkontopf ist ein fremdenfeindliches Gewächs. Es hat schon Basilikum und Schnittlauch und allerhand Unkräuter aus dem Topf geekelt, und sogar Moos. Nur Löwenzahn ist ihm gewachsen.
Also topfte ich den Kleinen um und gebe ihm seither tüchtig Wasser und etwas Dünger. Und ich streichle ihn mindestens zehnmal am Tag mit liebevollen und neugierigen Blicken. Ich kann kaum erwarten zu wissen, was einmal aus ihm wird. Die Hoffnung, dass er zu einer stattlichen Eiche herananwächst, habe ich aufgegeben, als ich die zwei neuen Blätter sah. Wenigstens wird er auch keine Brennnessel, dazu ist der Stamm schon zu verholzt.
Aber was dann? Eine Zimmerlinde? Eine Haselnussstaude? Doch noch ein Brombeerstrauch?
Ich fürchte bereits, dass er mich enttäuschen wird: Dass aus ihm eines dieser unscheinbaren, strauchartigen Gewächse wird, die wie holziges Unkraut unter Hecken wachsen. Die nicht blühen und keine Früchte tragen und jeweils im Frühling von einem scheusslich heulenden Heckenmäher weggefräst werden.
Falls er das wirklich wird... Was soll ich dann mit ihm machen?
diefrogg - 14. Mai, 14:57
6 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
walküre - 15. Mai, 16:45
Ihn
an einen Platz setzen, an dem er nicht von einem scheußlich heulenden Heckenmäher weggefräst wird.
diefrogg - 16. Mai, 09:45
Das...
werde ich tun. Man kann etwas, was man gehätschelt und gepflegt hat schliesslich nicht einfach auf den Kompost werfen!
chamäleon123 - 16. Mai, 11:59
...also ich tippe auf Birke. Aber ich bin dafür berüchtigt, dass ich keine Aster von einer Christrose unterscheiden kann.
diefrogg - 16. Mai, 12:06
Könnte sein...
Das ist mir noch gar nicht durch den Kopf gegangen, weil rund um unser Haus lauter Eichen, Linden und Haselnusssträucher wachsen. Jetzt werde ich mit Späherblick auf die ersten Spuren einer weissen Rindenverfärbung Ausschau halten!
acqua - 17. Mai, 19:12
Für mich sieht das weniger nach einer Birke aus als nach diesem gelbblühenden Gartenstrauch. Ich meine nicht Forsythien sondern jene, die ein Wenig später blühen, in einem satteren Gelb. Leider keine Ahnung, wie der heisst.
nanou - 16. Mai, 23:22
Und selbst, ...
... wenn aus dem Kleinen "nur" ein unscheinbares Gewächs werden sollte, bitte auf keinen Fall wegwerfen - eher noch weggeben. Aber das kann ich mir nach Ihrer Schilderung nicht so recht vorstellen. Dann blüht er halt nicht, aber er wird noch mehr wunderschöne Blätter bekommen. Das ist doch was - oder? Ich bin überzeugt davon, dass Pflanzen mitbekommen, ob man Ihnen (jenseits des Wässerns und Dünges) Gutes will und bis jetzt scheint sie sich recht wohl zu fühlen.
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